blogpost-wieso-deutsche-reichstag

Deutsch zu sein ist beileibe nicht einfach: Man muss stets pünktlich und ordentlich sein, Unmengen Bier trinken, die Gemütlichkeit lieben, gegenüber Fremden unnahbar wirken und es, einmal angesprochen, dann doch nicht sein. Oder zumindest wollen es so die Klischees. Doch keine dieser Eigenschaften, ob nun zutreffend oder nicht, hat den Deutschen ihren Namen gegeben. Und auch die verschiedenen germanischen Stämme, wie die Sachsen oder sogar die Teutonen, waren bei der Kreation des Wortes deutsch unbeteiligt.

Entstehung des Wortes deutsch liegt weit zurück

Die Spur führt bis in die späte Völkerwanderungszeit. Die Franken vereinten vor allem unter den Herrscherdynastien der Merowinger und Karolinger (ehemals Arnulfinger und Pippiniden) ein immer größeres Gebiet unter einer Krone. Schon im 8. Jahrhundert nach Christus erstreckte es sich über Großteile Spaniens und Frankreichs und tief bis in das heutige Deutschland hinein. Karl der Große fügte später noch die Gebiete Bayern und Nord/Mittelitalien hinzu.

Doch in so einem großen Reich gab es auch zahlreiche verschiedene Sprachen und Dialekte, die durch ihre Zugehörigkeit zu einerseits der romanischen Sprachfamilie und andererseits der germanischen in ihrer Unterschiedlichkeit noch verstärkt wurden. Es mussten also Bezeichnungen gefunden werden, mit denen man die einzelnen Sprecher wenigstens grob einer Familie zuordnen und gleichzeitig noch von den Latein sprechenden Gelehrten abgrenzen konnte. So etablierten sich die Begriffe walhisk (= welsch) für Sprecher des Romanischen und theudisk für solche, die eine germanische Sprache benutzten.

Die Bedeutung des Wortes theudisk

Theudisk lässt sich auf das germanische Substantiv thiot zurückführen, was schlicht und einfach Volk bedeutet. Mit der Bezeichnung theudisk waren also Leute gemeint, die nicht zum Adel, sondern zum Volk gehörten und darüber hinaus im Ostteil des Reiches wohnten. Sie verstanden kein Latein, sondern bloß ihre eigene, germanische Volkssprache und grenzten sich dadurch von den westlichen Reichsangehörigen ab.

Nach dem Zerfall des Fränkischen Reiches nahm dieser Wunsch nach Abgrenzung immer weiter zu. Die althochdeutsche Form diutisk wurde nun zur allgemeinen Bezeichnung aller Sprachen im Ostfränkischen Reich, aus dem das heutige Deutschland hervorging. Auch diutisk machte diese Wandlung mit und wurde im Laufe der Jahrhunderte nicht nur zu unserem heutigen Wort deutsch, sondern übernahm auf diesem Weg auch die generelle Bezeichnung der auf diesem Gebiet lebenden Menschen, ihrer Sprache und eben ihrer Nation.

Dem deutschen Volke

Als kleine Randbemerkung sei noch erwähnt: Die Inschrift des Reichstagsgebäudes „Dem deutschen Volke” ist, wenn man die altgermanische Bedeutung des Wortes zugrunde legt, eine Tautologie. Denn streng genommen steht dort nichts anderes als „den dem Volke zugehörigen Mitgliedern des Volkes”.

Das Bild stammt von Mcschreck auf commons.wikimedia.org