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Verpackungen von Lebensmitteln leben nicht nur von ihrem Inhalt. Auch sie selber können die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und damit meine ich wirklich nicht das Design.

Lieber backen statt schreiben

In puncto Schokolade könnte ich nicht weiblicher sein. Ich schminke mich so gut wie nie, besitze genau zwei Paar Schuhe und eine Handtasche, aber Schokolade? Schokolade geht immer. Und gleich dahinter kommen Kekse. Natürlich am liebsten mit einem großen Schokoladenanteil. Aber auch andere Backwaren sind durchaus willkommen. Und dann fehlen nur noch eine große Tasse Tee, ein verregneter Tag und ein bequemes Sofa und fertig ist die Gemütlichkeit.

All das hatte ich, als mein Freund und ich vor der letzten großen Hitzewelle einen Tagesausflug an die Küste machten. Das Wetter war furchtbar, drinnen war es warm, der Tee stand bereit und die Kekse lagen auf dem Tisch. Noch in ihrer Verpackung: blau und weiß, die Farben der Küste. Vorne und hinten waren Texte aufgedruckt, die noch einmal die Vorteile des Inhalts anpriesen. Es sah ganz hübsch aus und die Kekse stellten sich auch wirklich als sehr lecker heraus. Die Texte jedoch waren in die Hose gegangen: Sie enthielten beide einen offensichtlichen Grammatikfehler.

Diese vermaledeiten Aufzählungen

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Der Urheber der Texte schien ein Fan von Aufzählungen zu sein. Leider beherrschte er sie jedoch nicht, denn zwei von drei waren danebengegangen. Das ist an sich recht peinlich, doch zumindest bei einem der missglückten Versuche nicht weiter verwunderlich: Eine vierteilige Aufzählung, die eine Bindestrichkonstruktion enthält und noch dazu die gesamte Seite einnimmt – das erfordert Aufmerksamkeit. Und diese Aufmerksamkeit wurde ihr offenbar nicht zuteil, denn das dritte Glied fiel plötzlich aus der Reihe. Anstatt auch beim Adjektiv „traditionsreich“ den Genitiv zu verwenden, so wie bei allen anderen Aufzählungsgliedern, folgte plötzlich der Dativ. Oder anders ausgedrückt: Anstatt „Das Geheimnis köstlichen Gebäcks liegt in seiner einzigartigen Kombination traditionsreicheR Rezepturen“ stand hier „Das Geheimnis köstlichen Gebäcks liegt in seiner einzigartigen Kombination traditionsreicheN Rezepturen“ – ein offensichtlicher Grammatikfehler.

Und auch die zweite Aufzählung bestand den Kurzformtest nicht, wenngleich hier der Satz eigentlich eine ganz angenehme Länge hatte und nicht den Genitiv, sondern den Akkusativ erforderte, den häufigsten Fall im Deutschen. Doch „Lassen Sie sich den knusprig und feinen Geschmack auf der Zunge zergehen“ wird kurz zu „den knusprig Geschmack“ und spätestens in dieser Version tritt der Fehler offen zutage. Grammatikalisch richtig müsste es „den knusprigEN und feinen Geschmack“ heißen, denn die Adjektivendung bei maskulinen Nomen (DER Geschmack) lautet -en. Eine weitere Lösung wäre das Zusammenziehen beider Adjektive, sodass das erste das zweite näher beschreibt: „den knusprig-feinen Geschmack“. Streng genommen müsste jedoch der gesamte Satz umformuliert werden, denn knusprig kann keinen Geschmack beschreiben, sondern ausschließlich die Konsistenz.

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Doch Konsistenz, Genitiv und Adjektive hin oder her: Die Kekse waren wirklich lecker. Und möglicherweise steht der Text ja bereits seit Entstehung der traditionsreichen (jawohl, mit n, denn hier steht der Genitiv bereits im bestimmten Artikel) Rezepturen auf der Verpackung. Damit könnte die Firma zumindest Uropa die Schuld geben und als Entschuldigung anführen, dass er aber zumindest schon mal gut backen konnte. Und ich könnte dann nur erwidern: Ja, das konnte er.

Die Regel: Der Fall eines jeden Aufzählungsgliedes hängt vom Bezugswort ab. Erfordert das Bezugswort (hier: Kombination) den Genitiv, so müssen alle einzelnen Bestandteile der jeweiligen Aufzählungsmitglieder (hier: Adjektiv und Substantiv) auch im Genitiv stehen.

Zu beachten ist jedoch, dass bestimmte Artikel (der, die, das) sowie Artikelwörter mit fallspezifischer Endung (einem, jenes), den jeweiligen Fall übernehmen können und somit vom Adjektiv abziehen. Es heißt also „traditionsreicheR Rezepturen“ (kein Artikel, Genitivendung im Adjektiv), aber „deR traditionsreicheN Rezepturen“ (Genitivendung im Artikel).