Es sind nicht immer nur sprachliche Besonderheiten, die mir den Stoff für diese Kolumne liefern. Mitunter fallen mir sogar im Bereich Mathematik Fehler auf – was ich eigentlich niemals für möglich gehalten hätte.
Mathe ist eben einfach doof
Mit ca. 16 Jahren bekam ich eine Nachhilfeschülerin in Mathe. Das war insofern verwunderlich, als ich selber kaum etwas Besseres als eine 4- zustande brachte und zwei Jahre später selber Nachhilfeunterricht nehmen musste, um im Abi wenigstens kein Defizit zu bekommen. Doch meine Schülerin war 12 und litt meiner Überzeugung nach an Dyskalkulie – sie war also die perfekte Gegenseite, da ich ganz genau wusste, wie sehr Mathe einem zusetzen konnte, mich ihre Fragen aber niemals überforderten.
Ihre Lösungen machten jedoch selbst mich mitunter sprachlos, denn ihr ging jedes Gefühl für Zahlen vollkommen ab. Bei Minusaufgaben war ihr Ergebnis nicht selten größer als der Ausgangswert und sie konnte mich vollkommen verwirrt anschauen, wenn ich ihr erklärte, dass Zahlen, von denen man etwas abzieht, kleiner werden müssen. Also übte ich mit ihr hauptsächlich die Grundrechenarten – die beherrschte ich immerhin – und bewahrte sie so wenigstens vor einer 6.

1,65 € minus 21 % ergibt? Ganz klar: 1,65 €!
All das ging mir wieder durch den Sinn, als ich dieses Preisschild sah. Und obwohl ich zuerst lachen musste, tat mir der Urheber bald darauf ein bisschen leid. Nicht, weil ich tatsächlich glaubte, dass hier jemand mit Dyskalkulie am Werk gewesen war. Sondern weil es so herrlich dämlich war. Jedem musste es auffallen. Das Schild war ja nicht unbedingt klein und zwei vollkommen identische Zahlen auf einem Rabattschild springen einfach ins Auge. Hätte man wenigstens eine Zahl kleiner als 1,65 € gewählt, irgendeine, es hätte kaum jemand gemerkt. Dazu die vollkommen nutzlose Angabe von 21 %. Ich fühlte einfach mit. Aus Erfahrung sozusagen.
Doch während meine Nachhilfeschülerin und ich immer noch jemanden zum Abgucken bzw. Korrigieren gefunden hatten, schien dieser Rechenkünstler unter seinen Kollegen niemanden zu haben, der ihn auf seine Unachtsamkeit hatte hinweisen wollen. Oder aber das Personal in diesem Supermarkt war so überlastet, dass es sich für nichts weiter interessierte als den nächsten Feierabend. Das war schon ein bisschen traurig. Aber zum Glück bleibt auch noch eine dritte Möglichkeit: Der Supermarkt wollte allen Kunden, die mit der guten alten Mathematik auf Kriegsfuß stehen, seine Solidarität bekunden und so Sympathien einsammeln. Diese Möglichkeit ist zugegeben sehr klein. Aber bei mir hätte es funktioniert.
Die Regel: Ernsthaft? Na gut: Rabatt bedeutet Preisnachlass. Nachlass bedeutet weniger. Weniger bedeutet, dass sich die Ausgangszahl verkleinern muss.